Starke Frauen erfahren
10 Straßen und ein Frauenort in Aurich
AURICH - Auch wenn erste Regenwolken am Himmel aufziehen – Katrin Rodrian und Etta Bengen von der Regionalen Kulturagentur der Ostfriesischen Landschaft sind am Donnerstagvormittag voller Zuversicht: Nachdem sie Corona bedingt in den vergangenen Wochen zahlreiche kulturelle Veranstaltungen in Ostfriesland streichen mussten, könnten sie mit ihrem jüngsten Projekt einen Volltreffer landen. Ostfriesinnen und Ostfriesen haben das Radfahren neu entdeckt, und die beiden Kultur-Akteurinnen können ein passendes Angebot präsentieren: eine imposante Fahrradroute durch die Stadt Aurich.
„Starke Frauen erfahren“ lautet der Titel der druckfrischen Begleitbroschüre, deren Inhalt Landschaftspräsident Rico Mecklenburg anlässlich der Vorstellung am Auricher Hafen als beeindruckend bezeichnete. „Sie erinnert an Frauen, die in der Geschichte eine bedeutende Rolle gespielt haben.“
Etta Bengen, zuständig für die dargestellten Kurzbiografien in dem Heft, wies darauf hin, dass nur etwa ein Prozent der Auricher Straßen Frauennamen tragen. Dazu zählen: die Julianenburger Straße, der Thedaweg, Am Wilhelminenholz, der Almuthweg und die Maria-Rodenhauser-Straße sowie die Käthe-Kollwitz, Maria Juchacz und Gräfin-Anna-Straße, der Carolinengang und die Elisabeth-von-Ungnad-Straße (in Schirum).
Auf der knapp zweistündigen Rundfahrt werden neun der zehn Straßen und Aurichs erster Frauenort angefahren. Die etwa zehn Kilometer lange Route rückt die weibliche Seite der ostfriesischen Geschichte in den Fokus und führt dabei durch teilweise abseits gelegene grüne Winkel der Stadt. Die Tour bietet Teilnehmenden zudem Gelegenheit, Aurich aus ungewöhnlicher Perspektive in den Blick zu nehmen und sich auf die Spuren beeindruckender Frauen zu begeben.
In dem handlich gestalteten, 60-seitigen Heft werden drei der insgesamt vier ostfriesischen Regentinnen vorgestellt, die insgesamt 74 Jahre die Geschichte Ostfrieslands geprägt haben: Gräfin Theda regierte 25 Jahre, Gräfin Anna 21 Jahre, Juliane drei Jahre und Fürstin Christine Charlotte regierte 25 Jahre. Da es keine weibliche Erbfolge in Ostfriesland gab, haben diese Mütter für ihre unmündigen Söhne vormundschaftlich regiert. Eine weitere Straße, sie ist nach Elisabeth von Ungnad (1614-1683) benannt, findet sich im benachbarten Schirum. Dort erwarb die spätere Hofdame zu Lebzeiten ein Gut und betrieb eine Brauerei.
Diese Frauen werden nach Aussagen von Katrin Rodrian zum Teil in Geschichtsbüchern mit nur einer Zeile erwähnt. Etta Bengen habe diese Lücke gefüllt. Nach intensiver Recherche könne nun bisher Vergessenes nachgelesen werden. Die Broschüre erwecke daher bislang unbekannte Seiten dieser Persönlichkeiten zum Leben.
Als weiteren Schritt im Sinne der Gleichstellung von Frau und Mann bezeichnete Birgit Ehring-Timm, Gleichstellungsbeauftragte Stadt Aurich, die Broschüre. Sie wünschte sich, dass diese gleichermaßen Männer und Frauen zum Radfahren animiere.
Entwickelt wurde die Tour von den Auricher Stadtführern. Rosemarie Behrens, 1. Vorsitzende Stadtführervereinigung Aurich, fand lobende Worte. „Die Radtour kommt bei den Teilnehmenden gut an.“
Das Heft ist mit einer Landkarte ausgestattet ist; Start- und Endpunkt der Route ist der Auricher Hafen. Dort können bei Bedarf auch Fahrräder ausgeliehen werden.
Die Herausgeberinnen dankten der Stadt Aurich für ihre Unterstützung sowie der Leiterin Historisches Museum Aurich, Brigitte Junge.
Die Broschüre ist ihm Rahmen des kulturellen Vernetzungsprojektes im ländlichen Raum, Bundesmodellregion FrauenLeben in Ostfriesland, konzipiert worden. Sie ist kostenlos erhältlich beim Verkehrsverein Aurich, der Stadt Aurich, dem Landkreis Aurich, der Ostfriesischen Landschaft, dem Historischen Museum Aurich und vielen weiteren Stellen in Aurich. Bestellungen sind möglich unter:bengen@ostfriesischelandschaft.de oder telefonisch: 0 49 41 - 17 99 71